Text von Erika Bauck, Februar 2014
AHLAN WA-SAHLAN رحبا بكم في الشرق
Im Süd-Osten der arabischen Halbinsel, am Horn von Arabien, zwischen dem 26. und 18. Breitengrad, liegt das Sultanat Oman. Im Westen grenzt es an die Vereinigten Arabischen Emirate und an Saudi Arabien und im Süden an den Jemen. Der Golf von Oman und das Arabische Meer bilden eine wunderbare natürliche 1.700 km Küstenlinie als Grenze.
Etwas kleiner als Deutschland mit nur 2.8 Millionen Einwohnern, davon aber ca. 30% Ausländer, vorwiegend Inder und Pakistani, die hier legal leben, Handel treiben und arbeiten. Seit 1970 ist das Staatsoberhaupt Seine Majestät Sultan Qaboos bin Said Al Said, ein überaus beliebter und geachteter Monarch, der sein Land mit großer Umsicht und Weitblick ins 21. Jahrhundert führte. Gewaltig sprudelnde Ölquellen verhelfen ihm und dem Land zu wunderbarem Reichtum. Aus einem Land mit zwar unendlich reicher Vergangenheit aber einer armen, agrarischen Gesellschaft, baute er ein Land mit Wohlstand, Bildung, bester medizinischer Versorgung und Infrastruktur. Wo vor nur etwa 40 Jahren eine asphaltierte Straße von knapp einmal 7 km bestand, durchzieht heute ein gut ausgebautes Straßennetz das Land. Der Islam prägt selbstverständlich die gesamte Arabische Halbinsel. Hier lebte der Prophet Muhammad, hier wurde ihm das heilige Buch, der KORAN, offenbart, von hier aus verbreitete sich der Islam und natürlich bekennt sich die überwiegende Mehrheit der omanischen Bevölkerung zum Islam, allerdings zu einem sehr toleranten und liberalen Zweig des Islam, zu einer Splittergruppe, den IBADITEN. Fundamentalismus ist hier unbekannt. Hinduismus und Christentum werden toleriert. Das Land blickt zurück auf eine bedeutende Geschichte und Kultur, die bis zu 10.000 Jahren in die Vergangenheit reicht. Steinzeitliche Siedlungsfunde belegen dies. Wissenschaftlern zufolge gab es bereits in der Kupferzeit einen regen Austausch an Waren mit anderen weit entfernten Kulturen. Eine dieser ältesten Kulturen ist heute unter dem Namen MAGAN bekannt. Neben der Oasenlandwirtschaft war die Seefahrt und der damit verbundene Handel die wohl wichtigste Erwerbsquelle des Landes. Bis nach China und Mozambique kann man heute die späteren Handelswege osmanischer Seefahrer verfolgen.
Nun zur Gegenwart: Muscat, Haupstadt des Landes. Nein, sie ist weder Namensgeberin noch Herkunftsland dieser gleichnamigen Nuss. Muskatnuss ist eine Bezeichnung aus dem Mittelalter und bedeutet in diesem Fall ’nuces moschatae‘ also ’nach Moschus riechende Nuss‘! So viel zur Aufklärung dieses Begriffes! Der Name Muscat dagegen hat arabische Wurzeln und bedeutet so viel wie ‚Ort des Fallens‘, des ins ‚Wasser fallenden Ankers‘ oder der ins ‚Meer abfallenden Berge‘. Hochmodern, eingerahmt von mächtigen Optiolithbergen, schmiegt sie sich von Bucht zu Bucht auf einer Länge von etwa 50 km an den Golf von Oman. Keine Hochhäuser unterbrechen hier den Blick. Weiße, schmucke Bauwerke, Paläste und Regierungsgebäude reihen sich gefällig aneinander mit ganz viel Grün dazwischen. Alles strahlt, ist ungemein gepflegt und proper. Nichts hier erscheint alt oder verfallen – der Verkehr brummt, Menschen sieht man kaum, außer in ihren Autos. Hochmoderne, der Kultur des Landes angepasste, Bauwerke gibt es zu bestaunen. Da ist z. B. das Royal Opera House!! Wir fahren leider nur daran vorbei. Ein moderner Märchenpalast in einer modernen Märchenwelt. Nach mehrjähriger Bauzeit wurde es im Oktober 2011 mit der Aufführung von Puccinis ‚Turandot‘ eröffnet. Wie muss sich ein so kleines Volk fühlen, deren Monarch sich und ihnen ein solches Meisterwerk an Architektur schenkt. Nicht nur klassische Opernaufführungen werden hier geboten, auch traditionelle und nationale Musik, arabischen Jazz und argentinischen Tango kann man hier hören. Auch Aufführungen für Kinder und Familien stehen auf dem Programm. Der Sultan, so sagt man, ist ein großer Musikkenner und Liebhaber, der auch schon mal selbst zum Dirigentenstab greift. Bravo! Ein weiteres bauliches Highlight ist die Sultan Qaboos Grand Mosque, die nach 6-jähriger Bauzeit 2001 eröffnet wurde. Sie bietet in ihrem Hauptgebetsraum 6000 Gläubigen Platz und weiteren 14.000 auf dem Gebetsplatz im Hof. Ihr höchstes Minarett ragt stolze 90 Meter in den blauen omanischen Himmel. Der Perserteppich in der Gebetshalle misst 60 auf 70 Meter, die Kristallleuchter von Swarovski sind mehrere Tonnen schwer. Beide, Teppich und Leuchter, waren bis vor kurzem die weltgrößten, dann wurde ihnen dieser Titel von der neuen Moschee in Abu Dhabi abgenommen. Mutrah, 3 km westlich der Hauptstadt, liegt in einer Bucht, mit einem natürlichen Hafen. Zwei Befestigungsanlagen sowie mehrere Wehrtürme schützten einst diese Hafenstadt. Hier spürt der Besucher noch einen Hauch von orientalischem Flair vergangener Zeiten. Es ist laut und wuselig, dazu tragen aber auch die Passagiere der beiden Kreuzfahrtschiffe, die hier im Hafen liegen, bei. Immer fein in nummerierten Gruppen schleust man sie durch die engen, verwinkelten Gassen und Gässchen des Souq. Auch wir schlängeln und bummeln von Lädchen zu Lädchen, von Stand zu Stand. Dumm nur, dass es vor unserem Besuch gerade geregnet hat, so tropft und rinnt es durch Ritzen und Löcher von den dürftig bedachten Ständen und zu unseren Füßen fließen kleine Bäche. Die Kauflaune ist nicht gerade in Hochstimmung. Und trotzdem, es duftet fremd und aufregend nach Gewürzen aus fremden und fernen Ländern. Weihrauchschwaden schwängern die Luft – wir sind angekommen, im Land der tausend Düfte!
Unser Hotel liegt ein wenig abseits, ruhig, mit alten Bäumen vor dem Eingang, ein ausdrucksloser 7-stöckiger Kasten, aber man empfängt uns sehr freundlich und liebenswürdig und reicht uns zum Willkommen eine Erfrischung und Datteln – landestypisch und üblich. Wenn man jedoch den hinter unserem Hotel liegenden Hügel hinauf geht, erreicht man das Crown Plaza Hotel. Von der Terrasse, auf der man auch als Gast einen Drink oder Kaffee einnehmen kann, hat man einen der schönsten Ausblicke über die Bucht und die Stadt. Und wenn dann am frühen Abend die Sonne spektakulär ins Meer sinkt, die Luft samtig wird, ja dann beginnt hier irgendwo die Märchenstunde der schönen Scheherazade.
Am nächsten Morgen beginnt dann unser wirkliches Abenteuer. Fünf Geländewagen mit einheimischen Fahrern stehen bereit, laden zu den Zelten und Vorräten an Essen und Trinken unser Gepäck ein, dazu uns, 4 Personen pro Jeep, man sitzt nicht schlecht – nun geht es hinaus aus der Stadt in Richtung Wüste, Wadis, Meer und Bergen. Wir beginnen mit den Bergen. Bevor wir die jedoch erreichen, durchfahren wir den äußersten westlichen Zipfel der recht fruchtbaren Al Batinah Region, die Ebene zwischen dem Golf von Oman und dem Hajar-Gebirge. Die Festung von Nakhl, auf einem Hügel über einer Datteloase, ist die erste Festung, die wir besichtigen. Es soll im Oman etwa 500 Festungen, Wehranlagen und Wachtürme geben. Diese gewaltige Anzahl derartiger Anlagen, läßt unverkennbar auf eine ziemlich kämpferische Vergangenheit schließen. Gottlob besichtigen wir nur eine kleine Anzahl dieser Gemäuer, ansonsten ginge der gesamte Urlaub mit Besichtigungen dieser vielen Burgen und Festungen drauf. Erwähnen muss man allerdings den sehr guten Erhalt und die behutsame Renovierung dieser Anlagen. Man ist offensichtlich stolz auf seine geschichtliche Vergangenheit und möchte das auch späteren Generationen erhalten. Ein Kuriosum sei hier noch erwähnt: Begoss man früher bei uns während kriegerischen Einnahmen von Verteidigungsanlagen die Angreifer mit Pech und Schwefel, so tat man das hierzulande mit kochend heißem Dattelsaft. Alle diese Festungen und Burgen hatten einen recht großen Lagerraum, in dem Säcke mit Datteln lagerten. Der Boden dieser Räume war gerillt und abgeschrägt und durch diese Rillen floss langsam aber stetig der Saft der Datteln in einen am Boden des Raumes angebrachten Krug. War ein Feind im Anzug, erhitzte man diesen wunderbar klebrigen Sud und goss während der Erstürmung in großen Schwallen über die bösen Feinde. So war der Orient! Nach einer kurzen Mittagspause, einem kleinen Picknick an den 36 Grad warmen Quellen von Thowarah geht es dann direkt hinein in das Hajar Gebirge. Dieses gewaltige Bergmassiv erstreckt sich über eine Länge von etwa 450 km von der Grenze der Vereinigten Arabischen Emirate bis zum Ras al Hadd am Indischen Ozean. Wie ein Halbmond legt es sich um die Al Batinah Ebene im Norden. Uns stockt der Atem. Majestätische Bergriesen bis zu 3000 Metern mit zerfurchten Flanken und schroffen Felsüberhängen, Canyons und abgrundtiefe Schründe tun sich vor uns auf. Vor 65 Millionen Jahren hat sich durch tektonische Verschiebungen dieses gewaltige, spektakuläre Gebirge aufgefaltet. Unsere Autos klettern auf Serpentinen diese Berge hinauf, überqueren Pässe und durchfahren Wadis. Unser Auto bleibt irgendwo an einem Berg kleben – alle aussteigen, Daumen drücken, neuer Anlauf – es klappt und wir laufen den Berg hinauf, dem Auto hinterher. Am Abend dann, neben einem alten Imampalast, dessen noch wunderbar erhaltene Inneneinrichtung zu bestaunen ist, wo Decken und Wände Auszüge aus Koransuren und alten arabischen Poemen in geschwungenen Schriftzeichen Decken und Wände zieren – unsere erste Nacht unter freiem Himmel im Zelt.
So ein Zeltaufbau will gelernt sein. Chris, unser Reiseleiter, macht es uns vor, gibt sachkundige Ratschläge und schon bald steht unser Zeltlager. Immer geübter und rascher wird es in den nächsten Tagen gehen und schon bald bin ich eine regelrechte Zeltaufbauspezialistin – Chris bestätigt dies! Für unsere nächste Übernachtung hat Chris uns einen reizvollen Platz auf 2000 Meter Höhe ausgesucht. Jebel Shams ‚Berg der Sonne‘ heißt unser Bergnachbar. Wunderschön ist es hier oben – perfekter Sonnenuntergang und vor dem Schlafengehen schauen noch mal einige wilde Esel vorbei, dann folgte eine richtig kalte Nacht, mit einem Temperaturabfall auf minus 2 Grad. Unser Frühstückstisch am nächsten Morgen war bedeckt von einer dünnen Eisschicht – macht nichts, Tisch decken, frühstücken und schon wärmt die Sonne wieder wohlig alle steif gewordenen Glieder. Wenn immer es sich einrichten ließ, gingen alle lauffreudigen Teilnehmer zu Fuß dem Tross voraus, während die Crew die Autos beluden. Schön war es immer, dieser kleine Gang am frühen Morgen, sei es nun in den Bergen, in der Ebene, am Meer oder in der Wüste. Man wurde wach und aufmerksam für den Tag. Wer im Oman unterwegs ist, hat ständig das Gefühl, spektakulärem Kulturgut der Menschheit zu begegnen. Viele dieser Kulturgüter befinden sich auch bereits auf der Schutzliste der Unesco. Bahla, eine weitere, zum Weltkulturerbe der Unesco gehörende Festung. Eine Töpferei, in der ein alter Mann kraftvoll die Töpferscheibe dreht, Krüge und Schalen für den täglichen Gebrauch, nichts jedoch für den verwöhnten Touristen. Dann erreichen wir im Wadi Al Ain die sogenannten Bienenkorbgräber aus der Hafitperiode. Auf einem Höhenrücken vor einer mächtigen Bergkulisse stehen sie, aufgereiht, wie an einer Kette, von weitem sichtbar und beeindruckend. Diese oberirdische Grabanlage, 21 riesige Bienenkörbe, besteht aus lose aufgeschichteten, unbehauenen Steinen. Jeder Bienenkorb hat einen Durchmesser von etwa 6 Metern. Man schätzt, dass sie etwa zwischen 3.500 bis 2.700 vor Chr. angelegt wurden. Die Omani haben nicht nur große Ehrfurcht, sondern auch heimliche Angst vor diesen Gräbern und würden nie in ein solches Gemäuer krabbeln, was wir ungehindert tun können. Zu sehen jedoch gibt es in den Gemäuern rein gar nichts. Unser nächsten Ort: Al Hamra. Der alte Teil dieses typisch omanischen Dorfkerns besteht aus Ziegelhäusern aus dunkelrotem Lehm, gebaut auf soliden Steinfundamenten. Keine Stadtmauer, keine Wachtürme umgeben diesen alten Ort. Die meisten Menschen, die hier früher lebten, sind in den neueren Teil des Ortes gezogen, wo man mehr Komfort und eine bessere Anbindung an das Straßennetz hat. Noch kann man sehr wohl erahnen, wie sich das Leben hier früher abspielte, in den sehr engen überdachten Gassen, in den kleinen Geschäftslädchen, den Lagerräumen und dem Souq, die nun alle geschlossen sind. Am unteren Teil des Dorfes fließt jedoch noch immer munter quellfrisches Wasser durch den Falaj-Kanal und ein üppiger Baumbestand zeugt von großer Fruchtbarkeit. Hier könnte man verweilen, unter alten Palmen, den Blick auf das gegenüberliegende Bergmassiv, mit sich ändernden Farbgebungen. Jedoch, der Tross muss weiter. Zu den Falaj-Kanälen noch eine Anmerkung: Die Landwirtschaft ist nahezu im gesamten Land nur mittels künstlicher Bewässerung möglich. Ein insgesamt etwa 7.000 km langes ausgeklügeltes Netz zum Teil unterirdischer Tunnel bringt das Leben spendende Nass aus den Bergen auf die Felder. Die Ursprünge dieser Wasser-Kanäle gehen zurück auf die Perser des 6. Jahrhunderts, die diese Bewässerungsform entwickelt haben. Die Unesco hat die Bedeutung dieser Falaj-Bewässerungssysteme erkannt und fünf besonders wichtige Kanäle im Jahr 2006 auf die Liste des Weltkulturerbes gesetzt. Nizwa, die alte Hauptstadt des Oman. Bereits 751 wurde Julanda bin-Masud zum ersten ibaditischem Imam und Nizwa zu seiner Residenz und somit zur Landeshauptstadt erhoben. Schon im 14. Jahrhundert schrieb ein arabischer Weltreisender Folgendes: “Die Stadt liegt am Fuß eines Berges und ist von Gärten und Flüssen umgeben. Sie hat wunderbare Bazare und ihre Moscheen sind groß, sauber und vorbildlich. Es ist Brauch, dass die Menschen ihre Mahlzeiten im Moscheehof essen. Sie sind von einer stolzen und tapferen Rasse und die Stämme stehen ständig im Krieg miteinander.“ Das erklärt, warum schon wieder eine alte Festung. Von ihrem oberen Rundgang bestaunt man die Schönheit der Stadt und ihre weite Umgebung. Für Touristen hat man ein ausgezeichnetes Informationszentrum in der Festungsanlage erstellt, hier werden kurze Filme, Artefakte und viel Anschauungsmaterial dem interessierten Besucher gezeigt. Der Souq, viel gepriesen, zeigt wenig Atmosphäre für eine so alte Stadt, er wurde in den 90er Jahren umgestaltet und hat somit sicherlich seinen alten Charme verloren. Viel neuer Schmuck, Postkarten und vor allem Krummdolche in jeder Größe warten auf Käufer.
Nun fahren wir endlich Richtung Süden. Endlos lang und tödlich langweilig ist die Strecke bis Al Ghaftain. Gut ausgebaut zwar, unsere Fahrer fühlen sich ein bisschen wie kleine Rennfahrer, aber nichts erfreut das Auge, nichts die Sinne, Leere, kein Baum, kaum ein Strauch und von Tieren schon gar keine Spur. Mit ganz viel Glück, könne man die weißen Oryx-Antilopen sehen, die hier in einem angrenzenden Nationalpark angesiedelt wurden. Sie zeigen sich uns nicht – es bleibt langweilig! Am frühen Abend erreichen wir dann unser Motel. Herrlich, nach 2 Zeltnächten endlich wieder eine Dusche und ein richtiges Bett. Auch das Abendessen im Innenhof des Motel ist vorzüglich, ebenso das Frühstück am nächsten Morgen. Nun wird es richtig spannend. Die Wüste liegt vor uns. ‚Rub al-Khali‘. Die Omani nennen es ‚Das leere Viertel‘! Dies ist die größte zusammenhängende Sandwüste der Welt. 650.000 Quadratkilometer Sand! Diese Wüste umfasst das südliche Drittel der Arabischen Halbinsel. Sie liegt auf dem Staatsgebiet von Saudi Arabien, der Vereinigten Arab. Emirate, dem Jemen und dem Oman. 200 Meter hohe Dünen wechseln sich ab mit salzhaltigen Ebenen. Da hinein fahren wir nun. Auf dem Weg dorthin besichtigen wir das sagenumwobene Wüstenatlantis Ubar, oder das Wenige, das davon noch zu sehen ist. In der 89. Sure des Koran heißt es, dass die Stadt von der Erde verschlungen wurde, da sie zu reich und lasterhaft geworden war. Zweifel über die Existenz dieses Ortes waren angebracht. Doch als auf Satellitenaufnahmen und Fotos der Raumfähre Challenger alte Karawanenstraßen im Wüstensand entdeckt wurden, die zur Oase Shisr führten, begann man dort mit der intensiven Suche nach einer möglichen, frühzeitlichen Siedlung. Man schaufelte, legte frei und fand schließlich Töpfereien, Werkzeuge sogar Schachfiguren, Münzen aus Syrien, Rom, Griechenland und Ägypten. Reste einiger Grundmauern, eine eingefallene Höhle, und doch, die Frage bleibt offen, ob es sich tatsächlich um Ubar handelt und warum diese Stadt unterging. Ein kleines Museum am Rande der Ausgrabung machte gerade eine lange Mittagspause – wir blieben somit halbgebildet. Nirgendwo auf unserem Weg sahen wir Beduinenzelte. Nein, auch hier hat der Sultan ganze Arbeit geleistet. Dort, wo früher ihre Zelte standen, hat er wunderschöne, weiße, architektonisch gefällige und dem Stil des Landes angepasste kleine Siedlungen errichten lassen. Niemand wird gezwungen, dort einzuziehen. Zu zahlen sind nur die Gebühren für Wasser und Strom. Manche der Beduinen haben vor den Häusern ihre Zelte aufgeschlagen und nutzen die Häuser nur für die sanitären Einrichtungen und die Küchen, gelebt und geschlafen wird noch immer im Zelt. Da auch der Beduine ein frommer Mensch ist, steht auch meistens eine Moschee in der Nähe dieser Anlagen. Hier, am Rande der Wüste, in Al Hashman liegt neben einer solchen kleinen, neuen Siedlung eine Dromedar-Farm. Es sind wertvolle schwarze Dromedare, die hier fröhlich in Freiheit leben, sich aber, bitte schön, fruchtbar vermehren sollen. Unsere Kameras klicken und die Tiere geben wunderschöne Modelle ab. Nun fahren wir tief hinein in die Wüste. Unsere Autos durchpflügen ein Wellenmeer von Sand. Düne rauf, Düne runter. Im Sand steckenbleiben gehört dazu – viele Male. Nur 12 km trennen uns von der saudi-arabischen Grenze. Irgendwo dann schlagen wir im weichen Sand unsere Zelte auf. Es weht heftig in unseren Sandtälern. Die Zelte müssen mit kleinen Sandsäcken stabilisiert werden. Heringe sind im losen Sand nutzlos. Über unserem abendlichen Lagerfeuer wird am Himmel die Milchstraße angeknipst, flammende Sterne aus tausend und einer Nacht funkeln. Ehrfürchtige Stille umfängt uns, leise zieht sich jeder in sein Zelt zurück. Am nächsten Morgen zeichnet sich eine zarte Spur um mein Zelt im Sand ab, ich glaube, ich hatte Besuch von einer kleinen Springmaus. Schade, dass wir uns nicht begegnet sind. Nach dem Frühstück marschieren wir wieder los, das heißt, wir rutschen die nächsten Dünen runter, durchwandern die darauffolgende kleine flache Salzsenke und werden von den Autos wieder eingeholt. Wie am Vortag, dramatische Dünenfahrten in dieser schier unendlichen Weite.
Irgendwo ist ein Brunnen, der fossiles Wasser führt. Hier kann, wer will, seine Dusche nehmen. Reiseleiter und einige Fahrer machen unter viel Gejohle Gebrauch davon. Wir durchfahren eine kleine Ebene, ein Geodenfeld, auf dem man schöne Geoden sammeln kann, die man aber leider nicht ausführen darf. Wir schlagen einige auf und erfreuen uns an den herrlichen Kristallen im Inneren dieser Steine. Am Nachmittag dann eine so steile Düne, dass unser Auto auf dem Kamm steckenbleibt. Es wird geschaufelt, gezogen und gehoben – rien ne va plus. Also schlagen wir unsere Zelte hier auf, vor dem eigentlichen Ziel des Tages. Schön ist es hier, wunderbare Szenerie zum Fotografieren und die festgefahrenen Autos machen sich auch toll auf den Fotos. Nur 3 km trennen uns vom Jemen. Auch dieser Abend schenkt uns den Zauber einer Wüstennacht.
Am nächsten Tag Abschied von der Wüste. Wir fahren an die Küste nach Mughsayl, sollen dort die sogenannten Blowholes bestaunen, ein Schauspiel, bei dem aus den natürlichen Öffnungen der ausgewaschenen Felsterrassen meterhohe Wasserfontänen schießen. Sie tun es nicht, das Meer ist zu ruhig, die Gezeiten spielen nicht mit. Salalah, wie hübsch das klingt, ist die Hauptstadt der Provinz Dhofar. Geschützt vom Dhofargebirge liegt diese Stadt am Arabischen Meer, umgeben von fruchtbaren Ebenen. Monsunwinde bringen in den Sommermonaten reichlich Regen und lassen die Vegetation in sattem Grün leuchten. Das Angebot an Gemüse und frischem Obst ist das ganze Jahr über reichlich und vielfältig. In den heißen Sommermonaten, wenn überall auf der Arabischen Halbinsel die Hitze kocht, kommen die Saudis gern hierher, genießen Regen und Nebel und bevölkern alle Hotels und Campingplätze. Nach der Wüste wieder ein schönes Hotel mit großen, hohen Zimmern. Alles duftet hier nach Weihrauch, denn wir sind angekommen in Land des Weihrauchs. Hier nahm die berühmte Weihrauchstraße ihren Anfang. Sie führte von hier über den Jemen, entlang dem roten Meer durch Saudi Arabien ins jordanische Petra und weiter ins Heilige Land und nach Alexandria. Felix Arabia – das duftende Goldharz des glücklichen Arabien – man glaubte zunächst, dass Harz käme aus Arabien. Tränen der Götter nannte man es in vielen Sagen und Legenden, die sich um dieses Gut ranken. Seine große Blütezeit erlebte der Weihrauchhandel zwischen dem 5. Jahrhundert vor Chr. bis zum 1. Jahrhundert nach Christus. Der Weihrauch war nicht nur wertvoll, sondern in verschiedenen Religionen auch heilig. In Rom, Babylon, Persien, Griechenland und Ägypten brachte man den Göttern Rauchopfer aus Weihrauch dar. Salben mit Weihrauch nutzte man als Medizin. Selbst im Grab von Tutenchamun hat man Weihrauchstücke gefunden. Die Ernte des Weihrauchs geschieht heute noch wie vor 3000 Jahren. Man ritzt Stämme und dicke Äste mit einem Messer waagerecht an. Aus diesen Wunden blutet der Baum dann das Wachs aus. Drei Jahre nacheinander darf man diese Behandlung vornehmen, danach benötigt der Baum eine mehrjährige Pause. Sie wachsen in unwegsamem Gelände, an und auf felsigem Gestein. Groß ist der Bestand an Weihrauchbäumen nicht mehr. Die Unesco hat für viel Geld eine Anpflanzung von etwa 5000 Bäumen finanziert, wir besuchen diese Plantage und wünschen den kleinen Bäumchen gutes Gedeihen. Etwas außerhalb von Salalah liegt auf einem Hügel im Bereich einer sehr gepflegten Moschee das Grab des Propheten Hiob. Welch Erstaunen meinerseits, zu hören, dass der Prophet genauso von den Muslimen wie von uns Christen eingenommen wurde. Viele Suren und Seiten des Koran preisen seinen tiefen Glauben. Er wird als Vorbild tugendhaften Lebens dargestellt. Ein frommer Mann sitzt an der Seite seines Grabes in einem kleinen Grabhaus und betet. Nicht nur, dass Hiob hier begraben liegt, er soll hier auch gelebt haben. Vor dem Grabhaus kann man einen riesigen Fußabdruck in Stein bestaunen, der dem Propheten zugeschrieben wird. Ich schätze mal Schuhgröße 48 – der Mann stand demnach fest auf dem Boden. Was in früheren Jahrhunderten den Reichtum des Landes ausmachte, nämlich der Weihrauch, wird heute abgelöst durch das schwarze Gold des Erdöls. In Marmul dürfen wir durch riesige Felder von „nickenden Eseln“, den klassischen Ölpumpen und Pipelines fahren. In allen sprudelt Öl, Öl, und nochmals Öl. Bis nach Muscat wird es durch diese Pipelines zum Verladehafen geführt. Gut für das Land, gut für den Sultan, der den Erlös dieser Ware offensichtlich besonnen und mit Weitsicht ausgibt. Shuwaymiyah, wir machen einen Spaziergang durch diese schöne Landschaft zu einem Palmenhain mit einem natürlichen Pool und Wasserfall. Hier können wir schwimmen und der milde Wasserfall erfrischt Haut und Geist. In Al Kahil treffen wir auf eine verträumte Lagune, auf der in der Ferne Flamingos ihre Mittagsmahlzeit einnehmen. In Ad Dhuqum liegen am Strand gigantische versteinerte Korallen. Wie zu Stein gewordene Urtiere liegen sie da. Ein geologisch höchst interessantes Phänomen. Wir haben Zeit, sie zu bestaunen, anzufassen und zu fotografieren. Bevor wir später unser Gästehaus in Hij erreichen, durchfahren wir mit viel Herzklopfen eine riesige Salzpfanne, von der unser Reiseleiter nicht so genau weiß, ob uns die dünne Salzkruste trägt oder ob wir in die darunter liegende Salzsole von beträchtlicher Tiefe versinken. Er fährt langsam, wir im Wagen Nr. 4 haben weniger Sorge, sollte Wagen Nr. 1, 2 oder 3 absinken, so sind wir in Nummer vier vorgewarnt und könnten vielleicht durch raschen Rückzug unseren Untergang verhindern. Irgendwo in flimmernder Hitze auf dieser riesigen Fläche stehen einige Pakistani und ernten dieses Salz. Das unter diesen Bedingungen gewonnene Salz kann gar nicht teuer genug verkauft werden, trotzdem ist es hier sicherlich nur Pfennige wert, ist auch nur Salz für das Vieh. Am nächsten Tag Fahrt entlang der Küste mit immer wieder wunderschönen Ausblicken auf Küste, Buchten und das Arabische Meer. Wir sind nun im südlichen Teil der Wahibawüste. Direkt am Strand, neben umbrandeten Felsen und hoch spritzender Gischt, schlagen wir unsere Zelte auf.
Heute Abend sollen wir mit einem Ranger den berühmten Grünen Meeresschildkröten beim Eierlegen zusehen. Es kommt nach einbrechender Dunkelheit zu mehreren Telefonaten zwischen unserer Reiseleitung und diesem Ranger, der schon die hierfür infrage kommenden Strände nach den Schildkröten absucht. Leider jedoch haben die Schildkröten sich das anders überlegt, sie kommen erst gar nicht. Also ab in den Schlafsack, wer möchte, kann am nächsten Morgen um 4.30 Uhr auf eigene Faust unseren Strand absuchen, vielleicht hat sich ja eine der Schildkröten unser erbarmt und kommt für ihre Eiablage bis zu unserer Haustür – aber nein, auch dies ist vergebliches Warten.
Sur, die alte Hafen-, Handels- und Seemannsstadt. Von hier aus soll der alte Sindbad der Seefahrer die Meere bereist haben, hierher soll er zurückgekehrt sein und zum Idol aller Seefahrer werden. Noch heute baut man hier per Hand in einer alten Werft prächtige Dhaus. Zwei in Auftrag gegebene liegen schon im Rohbau fertig und warten auf ihre Vollendung. Mächtig sind sie anzuschauen, mit ihren duftenden Hölzern aus fernen Ländern. Auch der Sultan hat hier einen weiteren Palast und kommt manchmal zu Besuch. Gerade jetzt scheint er aber nicht hier zu sein. Unser letzte Etappenziel, das Wüstenkamp. Klein ist diese Wahibawüste, gemessen an ihrer Kollegin Rub al Khali. 15.000 qkm. Ihre Dünen sind nicht sonderlich hoch, ihr Sand ist sehr hell und wechselt die Farben nicht, bietet aber einiges an Pflanzen und Tieren. Auch sieht man hier Menschen, Beduinen und Touristen aus dem 300 km entfernten Muscat. Unser Camp, umgeben von Dünen und einem Zaun, besteht aus etwa 30 Original-Beduinenzelten. Vier Zelte teilen sich eine Toilette und Dusche, die separat in kleinen, nach oben offenen, Häuschen untergebracht sind. Sauber, ordentlich, es fehlt an nichts. In den sehr geräumigen Zelten ein oder mehrere Betten, und ein kleiner Tisch. Abendessen und Frühstück sind sehr gut. Man sitzt nach Beduinenart auf Kissen am Boden, vor sich ein Tischen, auf dem das Essen steht.
Die Nacht wird ein bisschen schwermütig. Noch einmal das nächtliche Firmament des Orients im Bewusstsein des Abschieds. Über die Stadt Ibra, deren Altstadt und Souq wir noch besuchen, geht es zurück nach Muscat zu unserer letzten Nacht im Hotel Ramee. Um 2.30 Uhr werden wir geweckt und schon brausen wir durch eine noch schlafende Stadt zum Flughafen.
Ade Morgenland – ade tausend und eine Nacht. Wir träumen weiter – insha’allah!
Eine super Beschreibung. Passt mir jetzt genau, da ich im März auch diese Tour mache.
Danke
Na, dann treffen wir uns vielleicht im März—-ich fahre am 5. 3. 16
Hallo,
dieser Bericht ist ein prima Einstieg für meine – gleiche – tour am 14. Februar.
Danke für diesen hervorragenden Bericht!
Toller Bericht und tolle Reise. – Gerade wenn man als Offroadbegeisterter nicht so viele Urlaubstage zur Verfügung hat eine tolle Alternative zur Anreise im eigenen Fahrzeug.
Viele Grüße, Christian
Vielen Dank für den tollen Bericht. Nächstes Jahr wollen meine Frau und ich auch in den Oman reisen und eine Tour durch die Wüste machen.
Hallo Erika, als alter Roteljaner bewundere ich alle Menschen die so gepflegt mit der
deutschen Sprache umgehen können. Dieser Bericht ist wirklich toll und lebendig
geschrieben. Auch ich habe mich für diese Tour im Nov. 2015 eingeschrieben und glaube
das es eine gute Entscheidung ist.
Ich wünsche Dir noch viele tolle Reisen in unserer schönen Welt die leider inzwischen
doch recht klein geworden ist.
Alles Gute wünscht Hans Günter
Vielen Dank für den sehr schönen Reisebericht!
Danke für den ausgezeichneten Reisebericht. Wir fahren im März 2018!
Nun habe ich eine Frage bezüglich der Schlaferei im Zelt.
Muß man eine Luftmatratze mitnehmen?
Vielen Dank für die Beantwortung meiner Frage.